Bei der Auseinandersetzung der Gewerkschaft der Flugsicherung mit der
Deutschen Flugsicherung GmbH geht es vor allem um den Erhalt von
Arbeitsbedingungen, die der Sicherheit der Fluggäste dienen.
Auslöser
des schön länger schwelenden Konfliktes zwischen der
Flugsicherungsgewerkschaft GdF und der Deutschen Flugsicherung GmbH
(DFS) ist die Unternehmenspolitik: Um Kosten zu sparen,
hat die DFS an der Ausbildung des Nachwuchses gespart und Personal
abgebaut. Der Personalmangel der DFS wird vom Management auf die
Beschäftigten abgewälzt - Überstunden und zunehmender Stress
durch gestiegene Arbeitsbelastung waren die Folge. Weil laut Aussagen
der Gewerkschaft viele Fluglotsen bereits an der Belastungsgrenze
arbeiten, will die Gewerkschaft keine weiteren Belastungen
akzeptieren.
Übermüdet im Tower?
Doch genau diese fordert das Management: So soll die
Obergrenze von bisher 150 Überstunden im Jahr auf 250 angehoben
werden. 150 Stunden davon soll jeder Fluglotse verbindlich leisten
müssen. Bisher waren Überstunden freiwillig. Umgerechnet aufs Jahr
bedeutet die Forderung des Managements dreißig zusätzliche
Arbeitstage. Das hieße auch, dass Fluglotsen öfter als bisher mehr
als fünf Tage die Woche am Stück arbeiten müssen und im Anschluss
nur einen freien Tag haben.
Was die Arbeit der Fluglotsen prägt,
sind belastende Wechselschichtdienste, in denen jeder Lotse hoch
konzentriert arbeiten muss - und das bei steigendem
Flugverkehrsaufkommen. Mehr Stress gefährdet dabei die Sicherheit
der Fluggäste und kann katastrophale Folgen haben. Hier liegt der
Kern des Konfliktes zwischen Fluglotsen und DFS.
Wettbewerbsdruck
Überraschend kommt diese
Auseinandersetzung nicht, sie hat eine Geschichte: Die DFS ist ein
privatrechtlich organisiertes, aber staatliches Unternehmen, das
keinen Gewinn erwirtschaften darf. Laut Gesellschaftsvertrag muss die
DFS aus ihren Gebühren erwirtschaftete Überschüsse an die
Luftraumnutzer, das sind z.B. die Airlines, zurückzahlen. 2004 hatte
die damalige Bundesregierung die Privatisierung der DFS beschlossen.
Diese ist allerdings gescheitert. Dennoch wird vom Management die
Umgestaltung der DFS vorangetrieben. Laut Tarifkommission der GdF soll die DFS »von einem
Flugsicherungsunternehmen« zu einem Unternehmen umgebaut werden,
das die »Bewirtschaftung des Luftraums nach
Profitmaximierungsgesichtspunkten betreibt«.
Hintergrund sind die Bestrebungen der
europäischen Regierungen, einen EU-weit einheitlichen Luftraum zu
schaffen. Ziel dieser Umstrukturierung sind Kostensenkungen bei der
Flugsicherung - mit Schwerpunkt auf den Personalkosten - und für
die Airlines, die die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen
Flugsektors erhöhen sollen. Durch eine Änderung des Artikels 87d
des Grundgesetzes, die am 1. August 2009 in Kraft getreten ist,
können Aufgaben der Flugsicherung seitdem »auch durch ausländische
Flugsicherungsorganisationen wahrgenommen werden, die nach Recht der
Europäischen Gemeinschaft zugelassen sind.« Damit ist der
Wettbewerbsdruck auf die DFS weiter gestiegen.
Wenn die Fluglotsen im September, nach
Auslaufen der vierwöchigen Friedenspflicht während der derzeitigen
Schlichtung, streiken sollten, mag das so manchen Fluggast ärgern.
Aber wenn Arbeitgeber, Regierungspolitiker oder Medien die Fluglosten
dann als angeblich besser gestellte Elite-Arbeitnehmer darstellen,
die den Hals nicht voll genug kriegen, sollte man dieser Propaganda
keinen Glauben schenken. Denn im Interesse der Fluggäste ist es nicht, wenn von Managern und Regierungen die
Kommerzialisierung der europäischen Flugsicherung betrieben wird -
zu Lasten der Sicherheit der Passagiere.
(Den Text hat Pickelhering für die Website des Magazins marx21 verfasst.)
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